Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909


 

Staatsporträt des Kurerzkanzlers Carl von Dalberg
wohl München, 1802/03

Marmor, feuervergoldete Bronze
Höhe 76 cm.
Preis auf Anfrage

Das Kunstwerk erwarb das Deutsche Historische Museum Berlin.


Das bisher unbekannte Marmorrelief tauchte 2001 im Kunsthandel aus dem Besitz der Grafen Thurn-Valsassina-Wartegg auf. Ein Vorfahre der Grafenfamilie war Dompropst in Regensburg. Benedikt Joseph Wilhelm Reichsgraf von Thurn-Valsassina war unter Dalberg fürstprimatischer Minister. Diesem getreuen Regensburger Dompropst vertraute Dalberg sein Regensburger Staatsporträt wohl 1810 an.

Ein annähernd identisches, ebenfalls unsigniertes Marmorrelief mit dem gleichen Bronzerahmen, das sich seit 1937 im Mainzer Landesmuseum (Inv.Nr.: 37/59) befindet, hatte Dalberg seinem Dompropst in Aschaffenburg übereignet. Das Mainzer Relief wurde zuletzt Landolin Ohmacht (1760 Dunningen bei Rottweil–1834 Straßburg) zugeschrieben.

Dalberg wählte aber auch aus Gründen der Tradition höchstwahrscheinlich den ehemaligen Mainzer Hofbildhauer Johann Peter Melchior (Lintorf bei Ratingen 1747–1825 München) als Bildhauer und beauftragte ihn mit der Ausführung zweier Staatsporträts, eines für Aschaffenburg und ein zweites für Regensburg.

Melchior war 1802/03 Modellmeister an der kurfürstlichen Porzellanmanufaktur Nymphenburg in München. Stilistisch spricht für Melchior die schonungslose Wiedergabe der Gesichtszüge des fast 60jährigen Mannes ohne Idealisierung. Allein durch den zielgerichteten Blick wirkt das Bildnis sympathisch natürlich und entsprach den Vorstellungen Dalbergs von einem Landesvater, unter dem sich die Untertanen sicher fühlen sollten. Der wertvolle Bronzerahmen mit Ornamenten in Applikentechnik zählt zu den Inkunabeln des Empirestiles in Süddeutschland. Dieser avantgardistische Repräsentationsstil schien Dalberg angemessen zu sein für seine Stellung als ranghöchste Persönlichkeit des Alten Reiches nach dem Kaiser.

Literatur: Ausstellungskatalog: Goethe: Die Belagerung von Mainz 1793. Ursachen und Auswirkungen. Mainz 1993, Kat. Nr. 21 (bearbeitet von Horst Reber). - Wolfgang Baumann: Ein wieder entdecktes Reliefporträt. Zum 200-jährigen Jubiläum des Fürstentums Regensburg (1802-1810). In: Regensburger Almanach 2002, Regensburg 2002, S. 120-124. - Ausstellungskatalog 1803 Wende in Europas Mitte. Regensburg 2003, Kat.Nr. 108 (Wolfgang Baumann), Farbabbildung S. 54.


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