Eine Urkunde von 1628 in der Holzkiste belegte den Kauf des Hauses durch Georg Hoffmann. Er hat seine Urkunden und seinen silbernen Hausschatz in der Kiste versteckt.
Der Schatz war vor drohenden Plünderungen in Sicherheit gebracht worden, die nach dem Sieg der Schweden bei Breitenfeld am17. September 1631 zu erwarten waren. Regensburgs Lage an der Donaulinie erlangte nun zur Verteidigung Bayerns, Böhmens und Wiens eine strategische Bedeutung. Bis zum 19. April 1632 waren in Regensburg 1500 bayerische Soldaten einquartiert worden, die der Kurfürst Maximilian I. bis zum 27. April um weitere Soldaten verstärken ließ.. „Die bayerischen Soldaten wurden durch Übergriffe, Plünderungen und Verwüstungen zu einer Plage in der Stadt.“ (Peter SCHMID, Geschichte der Stadt Regensburg, Bd. 1, Regensburg 2000, S. 88.) 1633 rückten schwedische Truppen auf Regensburg vor. Im November ergab sich der bayerische Kommandant und erreichte den Abzug seiner Truppen. Die Regensburger begrüßten die Schweden als Befreier. Am 26. Juli 1634 schloss König Ferdinand von Ungarn mit Bernhard von Weimar, dem Kommandanten der schwedischen Besatzung, einen Akkord, wonach nur kaiserliche Truppen in Regensburg als neue Besatzung einmarschieren dürften. Diese kaiserliche Garnison blieb bis 1651. Nun war der versteckte Schatz wohl in Vergessenheit geraten; sein letzter Besitzer vielleicht auch verstorben.
Aus welchen Gründen auch immer kam Georg Hoffmann nicht mehr dazu, seinen Silberschatz aus dem Versteck zu holen.
Ein gedrucktes Verzeichnis erschien bei Pustet. Das Manuskript dazu
befindet sich im Archiv des historischen Vereins für Oberpfalz
und Regensburg:
Unter den 66 Löffeln des Fundes waren 19 Löffel mit dem
Regensburger Beschauzeichen versehen. Unser Löffel mit der
Terme gehörte zu dem schönsten Löffelsatz des Fundes.
Er bestand aus sechs Löffel, die in dem Fundverzeichnis unter
der Position 23/24 zusammen mit einem weiteren Satz von sechs Löffeln
so beschrieben werden:
21/22 zwei halbe duzend silberne Löffel ohne Ornamentik.
23/24 zwei dergl.<eichen> mit zierlicher Handhabe und
stellenweise Gravierungen. Zeit: II. Hälfte des 16. Jahrh.:
das Gepräge ist das Regensburger Wappen.
Sammlung
Eugen Felix, Leipzig
Der
Leipziger Kunstsammler Eugen Felix hat in Regensburg den sensationellen
„Regensburger Silberfund" von 1868 in seiner Gesamtheit
dem Nadelfabrikanten Erich für 4600 Taler abgekauft. Der reine
Materialwert war von den Goldschmieden auf 2000 Taler berechnet
worden.
Im
Auktionshaus Lempertz in Köln wurde die Sammlung Eugen Felix
1886 versteigert, darunter auch der Regensburger Silberfund. Nun
wurde das einmalige Ensemble in die ganze Welt verstreut. Seit 1911
befindet sich ein Doppelpokal des Regensburger Goldschmiedemeisters
Simon Pissinger von 1580/90 im Metropolitan Museum of Art in New
York. Der Regensburger Museumsdirektor Dr. Martin Angerer hat das
Stück vom Regensburger Silberfund dort wiederentdeckt.
Unser
Löffel ist bisher das einzige Stück des Silberfundes,
das sich nun wieder in Regensburg befindet.
Die Bestecksammlungen Johannes Paul, Hamburg und Richard Zschille, Grossenhain
Unser Löffel war 1886 in Köln nicht versteigert worden. Eugen Felix, der ja sechs Stück von den Regensburger Silberlöffeln besaß, hatte einen Löffel an den berühmten Hamburger Sammler Johannes Paul (Sammlungsnummer 1313) abgegeben. Dessen Sammlung ist bereits 1882 in Köln versteigert worden. Wohl dort erwarb den Löffel der sächsiches Tuchfabrikant und leidenschaftliche Kunstsammler Richard Zschille in Grossenhain (1847-1903). Er hatte ein sehr originelles Sammelgebiet, das der Kunsthistoriker Arthur Pabst 1893 vorbildlich publiziert hat. Unser Löffel ist dort zu finden: "Die Kunstsammlungen Richard Zschille in Grossenhain, II. Besteck-Sammlung, Speise- Tisch- Gärtner- Geräte und Werkzeuge", Katalognummer 272, Abb. Tafel 39. Der Band erschien in zweiter Auflage in Berlin 1893. Pabst war Assitent am Berliner Kunstgewerbemuseum und später Direktor des Kölner Kunstgewerbemuseums (freundlicher Hinweis von Ernst-Ludwig Richter, August 2009)
Rosenberg
zitiert einen der Regensburger Termenlöffel mit der Provenienzangabe
Eugen Felix.
Der
Regensburger Goldschmiedemeister Petter Praunsmenl aus Salzburg
Ein "Peter Praussmandl" wird in der Meisterliste der Salzburger Goldschmiede von Franz Wagner angeführt. Der Sohn eines Salzburger Bürgers wurde 1563 in Salzburg
Meister und ist bis 1569 in Salzburg nachweisbar (Wagner Nr. 172). Er muß mit unserem Peter Praunsmendl identisch sein. Im Verzeichnis der Regensburger Goldschmiede befindet sich folgender Eintrag:
Petter
Praunsmenl / 1571 d(ie) 30. September Bürger Pflicht gethan
/ gebürthig von Salzburg,/ Ist gestorben A(nno) 1607 den 8
Marty.
Nach Hupp wurde „Peter Praunsmändl" aus Salzburg 1572 in Regensburg Meister. Dies ist nicht korrekt, da Praunsmändel bereits in Salzburg Goldschmiedemeister war.
Die Goldschmiedefamilie besaß an urbanistisch prominenter Stelle am Kohlenmarkt Ecke Unter Bachgasse ihr Anwesen, das Haus Unter Bachgasse 1. Der heutige Historismusbau entstand nach einem Brand 1891. An der Fassade zur Bachgasse ist vom Vorgängerbau ein Wappenstein des Goldschmiedemeisters Johann Adam Praunsmändel von 1699 erhalten. Ein Kupferstich von Engelbrecht 1731 in Augsburg verlegt zeigt den Kohlenmarkt mit dem Rathausplatz und ist mit einer zweisprachigen Legende in Latein und Deutsch versehen. Links ist mit „3“ des “Herrn Brauns Mändlische Behausung” bezeichnet. Im Erdgeschoss ist der Laden des Goldschmiedes zu sehen.
Vergleichsbeispiel
- ein Schweizer Silberlöffel um 1650
|
Die
bedeutende Bestecksammlung Klaus Marquardt besitzt einen etwas
jüngeren Silberlöffel mit einer Termendame, die auf
das gleiche Modell wie bei unserem Löffel zurückzuführen
ist. Ein unbekannter Goldschmied in der Stadt Chur vewendete
für den Guß des Löffelstielendes nicht nur das
gleiche Modell wie gute 50 Jahre früher Praunsmenl in Regensburg,
er gestaltete seine Gravuren an der Rückseite der Laffe
sehr ähnlich dem Regensburger Löffel; lediglich etwas
reicher. Der nahezu gleich große Churer Silberlöffel
(Länge 16,3 cm) ist publiziert in dem Ausstellungskatalog
des Germanischen Nationalmuseums Nürnberg: Klaus Marquardt,
Europäisches Eßbesteck aus acht Jahrhunderten. Eine
Kunstsammlung. Stuttgart 1997, FAbb. S. 96, Kat.Nr. 276. An
dem Schweizer Löffel wird beschrieben, daß die Brüste
der "Herme" zugleich die "Glotzaugen einer Maske"
bilden sollen. Dies ist bei dem Regensburger Löffel nicht
nachvollziehbar.
Der Regensburger
Löffel ist in seiner mittelalterlichen Formentradition eindeutig älter als der
Schweizer Löffel, dessen Verbingung von Griff und Laffe mit einem modernen "
Rattenschwanz" erfolgt. |
Würdigung
und Zusammenfassung
Die
Geschichte des Regensburger Renaissancelöffels als Bestandteil
des berühmten Regensburger Silberfundes ist einzigartig rekonstruierbar.
Ornamentgeschichtlich ist die diademgekrönte Venus, die in
Lattenwerk eingebunden ist, eine Komposition aus italienisch antikisierendem
Ornament und niederländischem Beschlagwerk.
Kunsthistorisch ist der Löffel ein Beispiel für die angewandte Grotteske, für eine Ornamentform,
die ihre Wurzeln in der römischen Antike, der domus aurea in Rom, hat. Praunsmenl und der in Regensburg
gleichzeitig von 1573 bis zu seinem Tod 1587 - tätige Salzburger Maler Melchior Bocksberger
pflegten die Grotteske.
Die aufwändige, fein geschnittene Patrize für die Termenfigur hat mit großer Wahrscheinlichkeit der Regensburger
Kupferstecher, Gewehrschäfter und
Holzschneider Peter Opel (nachweisbar seit
1549, gest. 1619) gefertigt. Eine
stilistisch vergleichbare Kredenzschale von
Opel in Buchsbaumholz, monogrammiert „PO“
und datiert 1612 diente wohl als
Goldschmiedemodell. Die 18 cm hohe Schale
befindet sich in den Staatlichen Museen
Berlin, Kunstgewerbemuseum Inv.Nr. K 3058
und ist publiziert in: Ausstellungskatalog
Bayerisches Nationalmuseum München (Hg.),
MODELL UND AUSFÜHRUNG in der Metallkunst,
München 1989, Bildführer Nr. 15, München
1989, Kat.Nr. 16.
Die reiche plastisch ornamentale Auszeichnung des verlängerten Löffelstiles zeigt einen kulturgeschichtlichen Wandel im "Löffeln" an. Der Löffel ist ja das älteste ausschließlich zum Essen verwendete Werkzeug. Die Regensburger Oberschicht der Renaissance lehnte das mittelalterliche Löffeln mit dem Löffel in der Faust ab. Wie heute führte man in Regensburg wohl bereits um 1580 den Löffel mit Daumen und Zeigefinger zum Mund: "Willst du Suppe essen, dann wie ein Mönch mit dem Löffel und nicht so laut wie ein Kalb, sondern still wie eine Jungfrau." (niederdeutsche Schrift des 16. Jh.)
Dass ein in Salzburg gebürtiger Silberschmied diese verfeinerte italienische Tischkultur
nach Regensburg translozierte, zeigt die Vermittlerrolle und die kunst- und kulturgeschichtliche
Spitzenposition Salzburgs um 1600.
Der in seiner originalen Oberfläche exzellent erhaltene Löffel ist ein Glanzstück italienisch geprägter süddeutscher Renaissancekultur. Ein Nachkomme von Petter Praunsmenl lebt heute in Regensburg. Einen Grabstein der Familie aus dem 18. Jahrhundert besitzt das Historische Museum Regensburg.
Archivalie im Stadtarchiv Regensburg: Verzeichnis eines Erbarn Handtwerckhs der Goltschmit, fol. 6r
Lit.: Leipziger Illustrierte Zeitung, 1. Mai 1869; Arthur PABST: Die Kunstsammlungen Richard Zschille in Grossenhain, Speise-, Tisch-, Gärtner-, Geräte- und Werkzeuge. 2. Aufl., Berlin 1893, Katalognummer 272, Abb. Tafel 39.; Marc ROSENBERG: Der Goldschmiede Merkzeichen, Bd. 3, 3. Aufl., Frankfurt/Main 1925, Nr. 4449; Günter IRMSCHER: Kleine Kunstgeschichte des europäischen Ornaments seit der Neuzeit
(1400-1900). Darmstadt 1984.
Franz WAGNER: Die Salzburger Goldschmiede von 1440 bis 1803 und ihre Werke. In: Johannes Neuhardt (Hg.),
Gold und Silber: Kostbarkeiten aus Salzburg. Meisterliste und Katalog der IX. Sonderausstellung des Dommuseums zu
Salzburg. Salzburg 1984, S. 47-72.
- zum Regensburger Silberfund siehe Otto HUPP: Kunstschätze des Regensburger Rathauses. In: Das Rathaus zu
Regensburg. Regensburg 1910, S. 146-148. - Karl BAUER: Regensburg, Kunst-, Kultur- und Alltagsgeschichte,
Regensburg 1997, S. 78.Achim HUBEL, Verlorene Kostbarkeiten, Die Abwanderung von Kunstwerken aus Regensburg seit 1810, in: Regensburger Almanach 1980, Regensburg 1979, S. 26
zum Forschungsstand Regensburger Goldschmiedearbeiten: Martin ANGERER, Goldschmiedekunst deutscher Städte – Regensburg, in:
AK Schätze Deutscher Goldschmiedekunst, Nürnberg 1992, S. 140-142.
Für
die Einsicht in das Verzeichnis der Regensburger Goldschmiede danke
ich Herrn Dr. Angerer, Historisches Museum Regensburg.
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