Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909
Christoph Itelsperger,
Heilige Thekla und Barbara,
wohl Modelle für Silberbüsten,
Regensburg um 1790
Hl. Barbara monogrammiert "CI", Lindenholz, ungefaßt,
Höhe 47,5 bzw. 51,5 cm.
Preis auf Anfrage
Am Turmsockel der heiligen Barbara sind Werkzeuge, mit denen sie gemartert worden ist, befestigt. Rechts ist ein sogenannter
Malchus, ein heidnisches säbelartiges Messer, zu sehen. Die Scheide des Malchus zeigt als wäre es die
Schlagmarke eines Messerschmiedes die Künstlersignatur „C I“.
Eine Blütezeit für das Stift Obermünster
unter der Fürstäbtissin von Neuenstein 1775-1810
Aus Schwaben kam die tüchtige Fürstäbtissin Maria Josepha Felicitas Freiin von Neuenstein
(1739 Donaueschingen-1822 Regensburg). Von 1775 bis 1802 leitete sie das adelige Damenstift und führte es zu einer wirtschaftlichen Blüte. Die Renovierung der Stiftsgebäude von 1784-1799 kam einem Neubau gleich. Itelsperger schnitzte
die Reliefs und Maskarons an den Türblättern der im Zopfstil gehaltenen Portale der neuen Stiftsgebäude ; wohl auch die drei zerstörten Beichtstühle in der Stiftskirche.
1822 stirbt die letzte Fürstäbtissin als Pensionärin im ehemaligen, 1810 säkularisierten Stift Obermünster nicht unvermögend. Ob sich in ihrem Nachlass die Büsten befanden ?
Die Heilige Thekla wird in Schwaben verehrt. In der Diözese Regensburg gibt es nur zwei Kirchen, die das Patronat der heiligen Thekla aufweisen: die Friedhofskirche in Dingolfing und die Kirche in Mausheim (Pfarrei Beratzhausen). Die seit 1010 zum Stift Obermünster gehörige Propstei Sallach besitzt auf dem Dorfplatz eine Theklakapelle. Dass für diese Kapelle die beiden kleinformatigen Büsten gefertigt worden sind, ist auch gut vorstellbar.
Wie die heilige Barbara ist die heilige Thekla eine Patronin für eine gute Sterbestunde. Die beiden Büsten können auch für das Stift Obermünster, für die im 19. Jh. profanierte Leutkirche St. Dionys, geschaffen worden sein. Die in Schwaben populäre Heilige Thekla zu schnitzen, war sicher ein Auftrag der Schwäbin Neuenstein, die Itelsperger als Klosterbildhauer angestellt hatte. Mit der Säkularisation oder aus dem persönlichen Besitz der Fürstäbtissin gelangten die Büsten in Privatbesitz. Ein Besitzervermerk auf der Rückseite zeigt den Vornamen „Konrad“.
Dass unsere Büsten Modelle für in Augsburg bestellte Silberplastiken waren, ist naheliegend. Die Silberschmiede fertigten seit der Spätgotik Plastiken durchwegs nach Holzmodellen von Bildhauern. Nur in seltenen Glücksfällen blieben Holzmodell und Silberplastik erhalten. Vgl. Mane HERING-MITGAU, Vom Holzmodell zur Silberplastik, in: Peter VOLK (Hg.), Entwurf und Ausführung in der europäischen Barockplastik, München 1986, S. 135-156.