Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909


Klicken Sie auf das Bild, um es in einer Detailansicht anzusehen

Andreas Burgl zugeschrieben,
Heiliger Veit,
Waldsassen um 1760/70

Pfaffenhütchenholz, originale Teilfassung
Höhe 16,5 cm
Preis auf Anfrage

Dem Waldsassener Bildhauer Andreas Burgl werden mikrofeine Schnitzarbeit in Klosterarbeiten von Adalbert Eder zugeschrieben. Charakteristisch für den Bildschnitzer ist die Verwendung von Pfaffenhütchen (Evonymus europaea), einem sehr langsam wachsenden, harten Laubholz. Burgl und Eder arbeiteten im Dienste für das Zisterzienserkloster Waldsassen , das seit 1681 hochbarock ausgebaut das Kulturzentrum im Norden der Oberpfalz nahe der böhmischen Grenze war. 

Die extrem fein geschnitzte Kleinplastik ist original natur belassen, um die Feinheiten der Schnitzarbeit genießen zu können. Nur der Hermelin und der Sockel sind original gesandelt und gefaßt. Teilweise wurde Glimmer aufgetragen.

Die Figur ist auf Grund des jugendlichen Alters des Heiligen und der Kleidung eindeutig ikonographisch als Heiliger Veit zu identifizieren. In der vorgestreckten linken Hand hielt er den Ölkessel, in dem er das Martyrium erlitten hat, oder einen Hahn. Dieser verweist auf den Namen des Ortes, an dem nach seiner Vita der junge Heilige eine flammende Predigt hielt: „Hahnenort“. Besonders fein geschnitzt sind die Löwenkopfmasken an den Stulpen der römisch antikisierenden Stiefeln des Heiligen. Löwenkopfmasken kommen auch an den Stiefelstulpen der Atlantenfigur der Personifikation der Eitelkeit in der Bibliothek der Abtei Waldsassen vor.

Die mikrofeine Schnitzarbeit ist dem Waldsassener Bildhauer Andreas Burgl zuzuschreiben. Vergleichbar in der Technik, Material und Qualität ist eine Schutzengel-Kleinplastik in einem Schrein mit Waldsassener Klosterarbeit, die 2000 in einer Waldsassener Ausstellung zu sehen war. In der Klosterkirche Waldsassen besitzt der Bernhardaltar eine vitrinenartige Tabernakeltüre mit einer Klosterarbeit, die geschnitzte Szenen der Bernhardsvita von Andreas Burgl zeigt. Charakteristisch für den Bildschnitzer ist die Verwendung von Pfaffenhütchen (Evonymus europaea), einem sehr langsam wachsenden, harten Laubholz. Burgl schuf zusammen mit Adalbert Eder (Tirschenreuth 1707-1777 Waldsassen), der von Beruf Seiler (funarius) war und 1733 die Ordensprofess abgelegt hat, Klosterarbeiten von höchstem Anspruch. Beide arbeiteten im Dienste für das Zisterzienserkloster Waldsassen, das 1690 zur selbständigen Abtei erhoben worden war und sich seit 1681 hochbarock ausgebaut zu dem Kulturzentrum im Norden der Oberpfalz nahe der böhmischen Grenze entwickelt hat.

Zur Andreas Burgel ist nichts bekannt. Er wird wohl Klosterbildhauer der Waldsassener Zisterzienser gewesen sein. Die Figur des Heiligen Veit ist derselbe Typus wie der lebensgroße Heilige Sebastian im Bodemuseum Berlin, der Giovanni Giuliani (Venedig 1663-1744 Heiligenkreuz), Bildhauer und Laienbruder im Zisterzienserkloster Heiligenkreuz bei Wien, zugeschrieben wird. Über die Zisterzienser ist eine Verbindung Burgls (Schüler) zu Giuliani (Lehrer) gut vorstellbar.

Die Figur des heiligen Veit - Patron der Prager Kathedrale - war wohl ursprünglich im Zusammenhang mit sogenannter Klosterarbeit - Drahtarbeit und Glassteinen - in einem Glasschrein aufgestellt.

Lit. zu Burgl: Ausstellungskatalog Adalbert Eder: Barocke Klosterarbeiten. Waldsassen 2000, S. 68f.; DEHIO, Bayern V: Regensburg und die Oberpfalz. Berlin 1991, S. 281; Werner SCHIEDERMAIR, Die Waldsassener Heiligen Leiber, in: Waldsassen 300 Jahre Barockkirche (Beiträge zur Geschichte des Bistums Regensburg, Bd. 38, 2004), Regensburg 2004, S. 357-368, Abb. 12. Ein Rokoko-Passionsschrein mit Figürchen wohl von Burgl ist abgebildet in Weltkunst, 1969, Nr. 8, S. 358;
Lit. zu Waldsassener Klosterarbeiten: AK. KREUZ UND KRUZIFIX, 2. Aufl. Freising 2005, Kat. Nr. VI.14.1 (Kreuzigungsgruppe in Rokokoschrein, dat. 1780, Dommuseum Freising Inv. Nr. D 8024)

Zurück