Dr. phil. Wolfgang Baumann
ANTIQUITÄTEN UND KUNSTHANDLUNG
gegr. 1909


 


Ehrgott Bernhard Bendl zugeschrieben,
Originale barocke Hausmadonna vom Haus Am roten Tor 8 in Augsburg,
Augsburg um 1700.


Lindenholz, polychrome Fassung erneuert, Eisenblech (Sternenkranz),
Höhe 135 cm.

Die stark bewegte Marienfigur ist für einen hohen Standort in der Rundnische einer Fassade auf Untersicht geschaffen.
Die Figur besitzt zwei Hauptansichten, nämlich die Schrägansichten von den beiden Seiten.
Die Skulptur war in einer Rundbogennische an der Fassade des Augsburger Hauses Am roten Tor 8 aufgestellt. Spuren von Silikon an unserer Hausmadonna deuten daruaf hin, daß die Holzplastik abgeformt und heute dort ein Abguss aufgestellt ist.

Die Hausmadonna steht nach dem Urteil des Kunsthistorikers Alfred Schädler, einem Kenner der Augsburger Plastik, in der Tradition des Augsburger Bildhauers Ehrgott Bernhard Bendl (Pfarrkirchen 1660 - Augsburg 1738). Der NIederbayer Bendl hatte 1687 das Meister- und Bürgerrecht in Augsburg erhalten und war ein angesehener Bildhauer. Sehr gut vergleichbar sind die lebensgroßen Statuen der vier Evangelisten, des Hl. Paulus und des Christus Salvator, die Bendl 1697 für die Augsburger St. Georgs-Kirche geschaffen hat und die seit 1921 sich im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg befinden: Dieser Statuenzyklus "zählt zum Bedeutendsten, was deutsche Bildhauerkunst in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts geschaffen hat".
Die 1714 von Bendl geschaffenen Auszugfiguren der Chorbogenaltäre in der Wallfahrtskirche Biberbach bestätigen die Zuschreibung.

Die in der Literatur (s.u. HEISS und MÜLLER) negativ beschriebene "Verlegensheitwolke", die eine Zuschreibung an Bendl erschwere, findet sich ebenso unter dem Fuß des angehobenen Spielbeines des Hl. Josef vom Konventgebäude des Sternklosters in Augsburg (HEISSE und MÜLLER, S. 114, Abb. Nr. 7 und S.115, 117). Diese Holzskulptur gilt unter den Hausheiligen Augsburgs als künstlerischer Höhepunkt im Werk Bendls. Die Nähe zur Hausmadonna Werbhausgasse 3 (HEISS und MÜLLER, S. 22, Abb. Nr. 3), heute Maximiliansmuseum Augsburg, spricht für eine Zuschreibung an Bendl.

Lit.:
Die Hausmadonna ist publiziert in:
Ulrich HEISS und Stephanie MÜLLER, Hausmadonnen in Augsburg, 2013, Abb. S. 74, Nr. 6, S. 75 und 77


Zurück